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Welche Fehler Frauen bei der Altersvorsorge machen

dasinvestment.com – 13.06.2016 | von Karen Schmidt

Frauen bekommen in Deutschland nicht mal halb so viel Rente wie Männer. Kindererziehung, Teilzeitarbeit, Pflege von Angehörigen – das alles bremst den Geldfluss. Für Frauen ist die private Vorsorge daher extrem wichtig. Welche Fehler sie dabei aber häufig machen.

Es ist nicht mal die Hälfte. Geht es um die Rente, sind Frauen in Deutschland immer noch im Nachteil gegenüber den Männern. Allein die gesetzliche Rente der Frauen ist im Schnitt um 40 Prozent geringer. Über alle Schichten der Altersvorsorge hinweg, also inklusive privater und betrieblicher Altersvorsorge, sind es 57 Prozent, zeigt eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung. Nur 6 Prozent der Frauen erhalten danach überhaupt Geld aus einer Betriebsrente, bei den Männern sind es immerhin 25 Prozent.

Damit setzt sich im Alter fort, was im Arbeitsleben schon beginnt: Im Schnitt verdienen Frauen 21 Prozent weniger als Männer. Bei vergleichbarer Qualifikation, Karrierestufe und Arbeitszeit liegt die Lücke noch bei 7 Prozent. Hinzu kommt die nach wie vor klassische Rollenverteilung: Kommen Kinder ins Spiel, bleiben in der Regel die Frauen zu Hause. Danach arbeiten sie Teilzeit oder im Minijob.

Kinderkriegen ist für die spätere Rente oft verheerend

Für die spätere Rente ist das verheerend – und vielen Frauen immer noch nicht wirklich bewusst, sagt Ursula Oelbe, Versicherungsmaklerin aus Hildesheim. Immer wieder erlebt sie, dass Frauen die Haltung haben: Ich weiß ja gar nicht, was kommt und ob ich jemals so alt werde, also lasse ich es mir heute gut gehen. „Das versuche ich den Frauen wirklich sehr deutlich zu machen, dass das fatale Folgen für sie hat“, sagt Oelbe. Den Frauen gehe dadurch nämlich wichtige Zeit verloren, die sie für die Altersvorsorge brauchen. „Die Panik kommt irgendwann“, so Oelbe weiter. „Ungefähr ab 50 wird das Renten-Dilemma plötzlich sehr greifbar. Und die Zahlen, die auf der jährlichen Renteninformation stehen, werden sehr real.“ Dann allerdings erst vorzusorgen, wird sehr teuer.

Dieses zu späte Anfangen ist einer der Hauptfehler, den Frauen bei der Altersvorsorge machen. Ein anderer: „Es gibt immer noch Frauen, die ihren Ehemann für die beste Absicherung halten“, sagt Susanne Kazemieh, Versicherungsmaklerin und Gründerin der Frauen-Finanz-Gruppe aus Hamburg. Sie überlassen es ihm, sich um das Thema zu kümmern, und haben oft kaum Einblick in die Verträge. Dabei sind die Männer nicht per se cleverer, was die Kapitalanlage anbelangt, ihnen wird hier oft von den Frauen einfach nur der Schwarze Peter zugeschoben.

Vorsicht bei Scheidung

Das ist besonders dann schlecht, wenn zum Beispiel die Ehe in die Brüche geht. Und das kommt immer häufiger vor. So waren 1996 rund 52 Prozent der allein lebenden Frauen verwitwet und 13 Prozent geschieden. 2012 gab es nur noch 42 Prozent Witwen und schon 18 Prozent Geschiedene. Zwar werden Frauen nach einer Scheidung an den Rentenanwartschaften der Männer aus der Ehezeit beteiligt. Viel kommt dabei aber in der Regel nicht rum. Noch schlimmer sind Frauen dran, die mit ihrem Mann nur in einer Partnerschaft leben. Sie haben keinen gesetzlichen Anspruch darauf, an der Rente des Partners teilzuhaben.

„Niemals alles auf eine Karte setzen“, empfiehlt daher Kazemieh. „Schon gar nicht auf den Ehemann. Besser eigene Verträge abschließen.“ Und die dann aber auch weiterlaufen lassen, wenn es finanziell, etwa in der Elternzeit, eng wird. „Frauen neigen zu schnell dazu, ihre ganzen Verträge beitragsfrei zu stellen oder runterzufahren“, sagt Oelbe. Das zeigt auch eine Studie des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. 29 Prozent der 30- bis 59-jährigen Frauen haben schon einmal eine Geldanlage eingeschränkt, die für die Altersvorsorge gedacht war. 17 Prozent haben die Verträge ganz aufgelöst – bei den Männern waren es nur 13 Prozent.

Verträge des Partners ruhend stellen

Maklerin Oelbe empfiehlt deswegen, bei diesem Thema auch den Partner mit in die Verantwortung zu nehmen. „Wenn nicht alle Verträge bedient werden können, sollte der Mann seine Altersvorsorgeverträge ruhend stellen und die der Frau werden weiter bedient“, sagt Oelbe. Denn der Mann sammelt ja durch seine Vollzeitarbeit weiter Anwartschaften in der gesetzlichen Rente.

Ein weiteres Problem der Zielgruppe Frau: Sie sind oft zu zögerlich und möchten kein Risiko eingehen, parken das Geld dann lieber in vermeintlich sicheren Produkten wie Festgeld, Bausparen oder klassischen Lebensversicherungen. „Da muss man dann aufklären“, sagt Oelbe. Etwa darüber, dass eine klassische Lebensversicherung in dieser Zinssituation einfach nicht mehr zeitgemäß sei. „Diese harten Garantien kosten so viel an Performance, das ist einfach nicht sinnvoll.“

Kein Risiko eingehen = Geld vernichten

Man müsse den Damen vor Augen führen, dass kein Risiko einzugehen heutzutage Geld vernichtet. Das klappt dann aber auch, erklärt Susanne Kazemieh: „Ich habe in 29 Jahren meiner Beratungstätigkeit noch nicht erlebt, dass sich die Risikobereitschaft nicht nach einer gründlichen Aufklärung geändert hat, insbesondere darüber, wie sehr sich zum Beispiel das Aktienrisiko bei Fondssparplänen reduziert.“

Das stellt aber eben auch spezielle Anforderungen an die Beratung von Frauen. „Viele Vermittler gehen den Weg des geringsten Widerstands, anstatt vernünftig aufzuklären“, sagt Kazemieh. Frauen hätten aber ein sehr gutes Gespür dafür, ob jemand ihnen nur etwas verkaufen wolle oder bereit ist, sie da abzuholen, wo sie stehen.

„Die Frau muss merken, dass sie die Situation und das Produkt verstanden hat – und dass sie die Entscheidung trifft“, pflichtet Oelbe bei. Das kann schon mal bedeuten, dass Berater vielleicht zwei- oder dreimal zum Beratungstermin laden müssen. Oelbe: „Aber das ist wichtig. Einfach zu sagen ,Das ist gut für dich, unterschreibe mal‘, ist hier nicht der richtige Weg.“ Männer seien dagegen schon eher bereit, dem „Geheimtipp“ des Beraters zu vertrauen.

Produkte müssen flexibel sein

Sowohl Oelbe als auch Kazemieh empfehlen ihren Kundinnen zur Altersvorsorge gerne Fondssparpläne. Auch, weil sie flexibel sind. Schließlich haben Frauen unregelmäßige Beschäftigungsverläufe – ein passendes Produkt muss sich dem anpassen können. Ein Fondssparplan erlaubt es, die Raten zu verändern, Sondereinzahlungen zu leisten und jederzeit über das Geld zu verfügen.

Fondspolicen können auch interessant sein, meint Oelbe – wenn sie allerdings bestimmte Kriterien erfüllen: „Gibt es beispielsweise zwischenzeitlich einen Lock-in der erwirtschafteten Gewinne? Oder wird in den letzten Jahren vor Rentenbeginn in defensivere Strategien umgeschichtet?“ Sehr wichtig findet die Maklerin, dass die Fondspolicen, beziehungsweise die Produkte generell, auch in Zukunft für die Frau ohne großen Aufwand zu besparen und verwalten sind. „Sonst besteht die Gefahr der Verunsicherung und dass die Frauen die Verträge aus diesem Grund wieder nicht durchhalten.“

Der große Graben wird kleiner

Auch die Riester-Rente kann für Frauen sinnvoll sein. Denn auch sie passt sich den unterschiedlichen Erwerbszeiten an. Sinkt das Jahreseinkommen, etwa wegen Teilzeit-Arbeit, müssen Versicherte entsprechend weniger einzahlen, um die volle Zulage zu erhalten. Ist gar kein Einkommen da, reichen 60 Euro im Jahr, um die Zulagen zu erhalten. Gerade Mütter bekommen dabei ordentlich Geld vom Staat. Neben der Grundzulage von 154 Euro gibt es für jedes Kind weitere 185 Euro, für ab 2008 geborene Babys sind es 300 Euro.

Auch die betriebliche Altersvorsorge bietet sich für die Damen an – was auch langsam anzukommen scheint. So geht die eingangs beschriebene Rentenlücke immerhin seit Jahren mit jedem Rentenjahrgang zurück, da Frauen häufiger und länger arbeiten als früher. Auch Ansprüche auf eine Betriebsrente erwirbt inzwischen ein fast so hoher Anteil von Frauen (46 Prozent) wie von Männern (51 Prozent). Wenn Frauen dann irgendwann auch noch genauso viel verdienen wie Männer und bei der Altersvorsorge das Zepter selbst in die Hand nehmen, bekommt frau das Problem vielleicht doch noch in den Griff.

 

Artikel auf krankenkassenzentrale.de

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